Couch Projekt

Das Couch Projekt ist ein Kunst- und Forschungsprojekt von Angela Clemens. 
Polstermöbel werden draussen fotografisch portraitiert, mittels Installationen thematisiert und kulturantropologisch analysiert.

Mein Anliegen

Während meines sechseinhalb-jährigen Aufenthalts in Neuseeland habe ich das Fremde, Andersartige im Alltäglichen gefunden. Schäbig schicke, teilweise verwitterte Möbel wurden von den Neuseeländern mit auf Hausdächer, Veranden, in Gärten und an Strände genommen. Diese wurden für mich zu einem zentralen Ausdruck des Easy-Going-Lifestyles. Es ist mein Anliegen, diesen Aspekt der neuseeländischen Kultur für Deutsche durch meine Fotografien und Installationen zugänglich und erfahrbar zu machen. Darüber hinaus möchte ich mit diesem Projekt hinterfragen, was wir als Deutsche tun oder eben nicht tun. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei das Ausloten des individuellen persönlichen Empfindens hinsichtlich Wertschätzung und Geringschätzung von Gegenständen mit Gebrauchs- und Verfallsspuren.

Hintergründe zum Projekt

Inneneinrichtungsgegenstände außerhalb des Hauses zu platzieren und benutzen, ist gebräuchlich in Neuseeland, aber nicht weltweit. Als ich 2006 nach Wellington kam, dachte ich, das ist eine skurrile Angewohnheit, die es wert ist, dokumentiert zu werden. Deshalb startete ich ein Forschungsprojekt, welches von der Victoria University – meinem damaligen Arbeitgeber – gefördert wurde. Zusätzlich zu meiner fotografischen Dokumentation führte ich eine kulturanthropologische Studie mittels Interviews durch. 

Im Laufe des Projekts entdeckte ich die Sofas nicht nur in Vorgärten. Eine wahre Besonderheit der Neuseeländer ist es, Couchen mit zum Strand, ins Stadion, auf Festivals oder das nahegelegene Garagen- oder Hausdach zu nehmen. Egal, wo ich die Polstermöbel auch entdeckte, jedes Mal faszinierte mich die ihnen eigene, charakteristische Ästhetik des Verfalls, die zum einen durch den Gebrauch, aber auch durch Witterungseinflüsse zustande kam. In meinen Fotos habe ich versucht, diesen sich entfaltenden schäbigen Schick einzufangen. Zudem begeisterte mich der Nachhaltigkeitsgedanke, den Möbeln nach ihrem Leben drinnen ein weiteres draußen zu gewähren.

Der Trademark Publishing Verlag gab im April 2016 ein eigenes Magazin mit meinen Fotografien heraus: https://trademarkpublishing.de/shop/picnic-13-great-outdoors-new-zealand/

Weitere Fotos, sowie Zitate und Ergebnisse aus der kulturanthropologischen Studie hatte ich davor in einem Buch zusammengefasst, welches man sich auf vimeo ansehen kann: https://vimeo.com/50913569

Zurück in Deutschland, wo es nicht üblich ist, Inneneinrichtungsgegenstände mit nach draussen nehmen und diese Un-/Sitte nur von Obdachlosen, die unter Brücken leben, gepflegt wird, wollte ich diese soziale Grenze überschreiten und habe 2013 im Rahmen des Nationenfestes in Wasserburg die Kunstmeile mit zahlreichen Polstermöbeln ausgestattet. Ich hinterfragte, ob – und wenn ja, unter welchen Umständen Deutsche ebenfalls ihr Sofa nach draussen stellen würden und erhielt ein überraschend positives Feedback. Viele Personen regten an, die Couchen den ganzen Sommer über stehenzulassen, oder diese als feste Installation in der Innenstadt von Wasserburg, als „Publikumskunst“ zu etablieren, da sie gemütlich sind und die Kommunikation der Leute untereinander fördern. 

Eine zweite Installation fand im Juli 2016 anlässlich des Wolfratshauser Bürgerfests statt. Auch dieses Mal wurden die Couchen ganz begeistert aufgenommen. Kommentare waren unter anderem: „einfach nur genial“, „ich bin länger geblieben als ich wollte, weil es so bequem wie im Wohnzimmer war“, „eine ganz neue Erfahrung“, „bitte bei nächster Gelegenheit wieder!“, „Super! Im Normalfall hat man ja sonst keine Möglichkeiten sich draußen in der Stadt gemütlich hinzusetzen, mal von ungemütlichen Bänken oder kostenpflichtigen Cafés etc. abgesehen.“, „Herrlich, tolle Idee!“, „saustark!“, „sehr erholsam“,… Interessanterweise gab bei meiner Umfrage jeder zweite Befrate an, sich selbst vorstellen zu können, Couchen mit nach draussen zu nehmen. Diejenigen, die sich das nicht vorstellen konnten, gaben an, es würde in Deutschland dafür zu viel regnen oder der Aufwand des Raus- und Reintragens wäre zu gross – wenn man zum Beispiel im 4. Stockwerk wohnt oder der Lift zu klein ist.

Zum dritten Mal installierte ich diverse Sitzmöbel vom 8. bis 10. September 2017 parallel zur OpenArt im Münchner Galerienviertel und angrenzenden Stadtteilen. Über die Hälfte der an der OpenArt teilnehmen privaten Galerien unterstützten das Projekt und begrüssten die Sitzgelegenheiten vor ihren Ausstellungsräumen.


Eckdaten

Personen:
Angela Clemens

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